Gestern waren wir beim Rathaus-Forum der CDU Fraktion Lübeck zur Vorstellung des 10-Punkte-Plans der Landesregierung SH zur KiTa-Reform. Motto war: "Das System wird zukunftsfest: Das müssen Lübecker Eltern wissen!" Leider hat das nicht so ganz geklappt mit der Aufklärungs- oder sagen wir Überzeugungsarbeit. Es wurde deutliche Kritik von pädagogischem Personal sowie von Kita-Trägern geäußert. Wir sehen in dem Plan eine klare Verschlechterung der Betreuungsqualität und eine realitätsferne Schönrederei, siehe auch unsere Kritik schon beim Erscheinen des Plans. Mehr Flexibilität bedeutet letztlich nur eines: weniger Personal und noch mehr Belastung für die Fachkräfte.

Das derzeitige KiTa-System steht bereits kurz vor dem Zusammenbruch und wird nur durch den Einsatz hochmotivierter Fachkräfte aufrechterhalten. Diese Menschen werden jetzt jedoch weiter ausgenutzt und das System kaputt gespart. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern vor allem schädlich für die kommende Generation. Statt kosmetischer Reformen braucht es endlich wirkungsvolle Maßnahmen, um das KiTa-System zu stabilisieren.

Unsere Forderungen:
  • sofortige, umfassende Fachkräfteoffensive
  • deutliche Anhebung der Ausbildungsvergütung und Erhöhung der Tarifverträge
  • kleinere Kindergruppen
  • ein besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel
  • deutliche Ausweitung, Verlängerung und Erhöhung des Elterngeldes
  • gesellschaftliche Anerkennung und angemessene Vergütung von Care-Arbeit
  • Kooperation mit Arbeitgebern, um familienfreundlichere Strukturen zu schaffen oder z.B. finanzielle Beteiligung an Betreuung zu ermöglichen
  • die Menschen fragen, die (noch) im System arbeiten, was sie brauchen usw.

Diese Maßnahmen müssen allesamt oberste Priorität haben und mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterlegt werden. Nur so können wir die Zukunft unserer Kinder und damit unserer Gesellschaft sichern und das Kita-System wieder auf stabile Füße stellen.

Das Patriarchat und seine Rolle in der Krise des Kita-Systems

Das zugrunde liegende Problem lässt sich auch auf die Strukturen des Patriarchats zurückführen. Die unzureichende Anerkennung und Bezahlung von Care-Arbeit zuHause und in den Kinderbetreuungseinrichtungen ist eine direkte Folge patriarchaler Werte, die traditionell Frauen in die Rolle der unbezahlten oder schlecht bezahlten Erziehungs- und Pflegearbeit gedrängt haben. Frauen tragen immer noch die Hauptlast in der Kinderbetreuung, sowohl in den Familien als auch in den Berufen, und diese Arbeit wird systematisch unterbewertet. Dies zeigt sich in den niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen – ein typisches Phänomen in Berufen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden.

Das patriarchale System untergräbt zudem die Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit. Wenn Frauen durch schlechte Betreuungsbedingungen gezwungen sind, ihre beruflichen Ambitionen aufzugeben oder zu reduzieren, wird ihre ökonomische Unabhängigkeit eingeschränkt. Damit bleibt die traditionelle Rollenverteilung bestehen, in der Frauen für Care-Arbeit zuständig sind, während Männer weiterhin privilegiert in besser bezahlten Sektoren arbeiten. Dies verstetigt die strukturelle Ungleichheit und verhindert, dass eine echte Transformation der Arbeits- und Familienstrukturen stattfinden kann.

Eine nachhaltige Reform des Kita-Systems ist daher nicht nur eine Frage der Betreuungsqualität, sondern auch ein notwendiger Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Die Arbeit in der Kinderbetreuung muss endlich als das anerkannt werden, was sie ist: eine zentrale und unverzichtbare Aufgabe für die Gesellschaft, die entsprechend honoriert werden muss.

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